Brandschutzschalter sind Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen. Alternativ werden sie auch als Kontaktfehlerschalter oder AFDD (engl. Arc Fault Detection Device) bezeichnet. Ein Brandschutzschalter schützt Stromkreise bei Störlichtbögen. In Niederspannungsinstallationen treten Störlichtbögen vor allem bei Kontaktfehlern auf. Der zusätzliche Schutz ist deswegen wichtig, weil im Fall von Störlichtbögen, die in Reihe zum Verbraucher oder auch zwischen Phase und Nullleiter auftreten, weder Überströme noch Fehlerströme entstehen. Überstromschutzeinrichtung wie Leitungsschutzschalter oder Schmelzsicherungen sprechen daher nicht an.
Fehlerquellen können wie gesagt lockere Klemmen oder ein Kabelbruch sein. Aber auch wenn ein Störlichtbogen parallel zum Verbraucher auftritt, kann ein Brandschutzschalter von Vorteil sein, da es erst nach gewisser Zeit zur Auslösung der Überstromschutzeinrichtung kommt. Diese lösen erst dann aus, wenn die Isolation durch thermo-chemische Zersetzung bei hohen Temperaturen (Pyrolyse) soweit geschädigt ist, dass das zurückbleibende Graphit bei hoher Temperatur niederohmig wird und einen Lichtbogen befördert. Ein Brandschutzschalter kann den Fehler hier auch dann schon erkennen, wenn der verkohlte Isolierstoff partiell zu leiten beginnt. Durch die Abschaltung werden hohe thermische Energien und Folgeschäden an der Fehlerstelle vermieden.
Störlichtbögen sind eine große potentielle Gefahr sowohl für den Menschen als auch für die elektrischen Bauteile einer Verteileranlage. Oft werden Lichtbögen nur im Zusammenhang mit Hochspannungsleitungen z.B. Oberleitungen von Bahnanlagen thematisiert, aber auch im Niederspannungsbereich, also in Verteileranlagen von Wohnhäusern oder Industrieanlagen, sind die Wirkungen der auftretenden Lichtbögen sehr gefährlich, wie dieses Video illustriert. Störlichtbögen, wie auch Blitze bei einem Gewitter, entstehen dadurch, dass durch ein hohes elektrisches Feld Gase, wie beispielsweise Luft, plötzlich elektrischen Strom leiten. Durch das elektrische Feld werden einige wenige in der Luft enthaltene Ladungsträger so stark beschleunigt, dass sie durch Zusammenstöße mit anderen neutralen Atomen, Molekülen oder mit den Elektroden weitere Ladungsträger erzeugen. Diese Kettenreaktion führt zu so vielen freien Ladungsträgern (es entsteht ein Plasma), dass auf einmal sehr hohe Ströme fließen. Es kommt zu Temperaturen von bis zu 30.000°C, wodurch außerdem eine explosionsartige Druckwelle entsteht.
Für Menschen sehr gefährlich sind vor allem die hohen Temperaturen. Es können Verbrennungen vierten Grades auftreten, d.h. nicht nur die Haut und das Fettgewebe sondern auch Muskeln und Knochen können schwer verletzt werden. Durch den hohen Druck von bis zu 30 Tonnen/m2 besteht akute Verletzungsgefahr durch umherfliegende Teile. Es kann zu Lungenschädigungen durch die Plasmawolke kommen, die Ozon und verdampfte Metalle enthält. Nicht zuletzt laufen Menschen in der Nähe eines Lichtbogens Gefahr sich die Augen zu verblitzen oder ein Knalltrauma zu erleiden. Die betroffene Anlage selbst kann teilweise oder komplett zerstört werden. Außerdem kann sich der Lichtbogen, bedingt durch das Magnetfeld des Kurzschluss-Stromes, fortbewegen und weitere Anlagenteile schädigen.
Wichtig sind Brandschutzschalter als zusätzliche Schutzeinrichtung auch deswegen, weil die Ursachen für Isolierungsfehler sehr vielfältig und schwer 100%ig unter Kontrolle zu bringen sind. Dazu zählen unter anderem Kleintierverbiss, Baumängel wie unzulässige Biegeradien, Leitungsschäden durch Bohrungen und Bauarbeiten oder sich lockernde Schraubverbindungen durch Korrosion und Temperaturschwankungen.
Um einen Störlichtbogen frühzeitig detektieren zu können, werden von einem Brandschutzschalter der Spannungs- und Stromverlauf über die Zeit gemessen und mittels digitaler Signalverarbeitung bewertet. Besonders der Stromverlauf weist bei Kontaktproblemen charakteristische, hochfrequente Komponenten auf. Die Auswertung der Daten erfolgt über einen Mikrocontroller. Die charakteristischen Strom- und Spannungsverläufe sind ab einem Wert von 2,5 A maßgeblich. Durch die algorithmische Bewertung wird sichergestellt, dass der Brandschutzschalter nicht schon bei normalen Stromschwankungen wie bei Einschalt- und Abschaltvorgängen reagiert.
Ein weiterer Vorteil des algorithmischen Monitorings und Abschaltens besteht darin, dass so auch der Unterschied zwischen Fehlerlichtbögen und sogenannten Betriebslichtbögen erkannt wird. Ein Betriebslichtbogen ist beispielsweise das Bürstenfeuer einer Bohrmaschine. Hier darf der Brandschutzschalter natürlich nicht jedesmal auslösen. Außerdem müssen bei Brandschutzschaltern, im Gegensatz zu FI-Schaltern keine periodischen Funktionsprüfungen vorgenommen werden, sondern ein Brandschutzschalter führt intern in regelmäßigen Abständen einen Selbsttest durch.
Eine gewisse Grenze dieses Verfahrens ist bedingt durch die Tatsache, dass die Signatur mit zunehmender Entfernung immer schwächer wird, sodass die Detektierung von Störlichtbögen, die in großer Distanz vom Sensor auftreten, immer schwieriger werden kann.
In der Norm Din VDE 0100-420, die am 1.10.19 in einer aktualisierten Fassung in Kraft getreten ist, werden die Maßnahmen geregelt, die zum Schutz vor den thermischen Auswirkungen von Störlichtbögen getroffen werden sollten. Grundsätzlich ist die Installation von Brandschutzschaltern eine Möglichkeit. Alternativ nennt die Norm:
Der Einsatz von Brandschutzschaltern stellt demgegenüber eine anlagentechische Möglichkeit dar die Brandschutzgefährdung durch Störlichtbögen zu minimieren. Ein Vorteil der technischen Lösung durch Brandschutzschalter ist, dass dadurch die geforderte Risiko- und Sicherheitsbewertung stark vereinfacht werden kann.
Außerdem nennt die Norm vier verschiedene relevante Bereiche, in denen besondere Gefährdungen vorliegen. Hierzu gehören:
Um dieses Thema gab es in den letzten Jahren in Deutschland eine konträre Diskussion. Kurz gefasst:
Der Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen ist in Deutschland gesetzlich nicht zwingend und insofern freiwillig, weil die DIN VDE 0100-420 bisher nicht in den Landes- bauordnungen als technische Baubestimmung eingeführt wurde. Aus technischer Sicht ist es jedoch nachdrücklich zu empfehlen, die Norm DIN VDE 0100-420 einzuhalten. Neubauten mit besonderen Risiken sollten in jedem Fall mit Brandschutzschaltern ausgerüstet werden, um einem Brandrisiko so gut es geht vorzubeugen. Unter Umständen können die Kosten etwas aufgefangen werden, indem man bei seinem Brandversicherer Rabatte für die Installation dieser wirkungsvollen Schutzmaßnahme verhandelt.
Von Störlichtbögen in elektrischen Anlagen, auch im Niederspannungsbereich, gehen erhebliche Gefahren für den Menschen aber auch für die elektrischen Anlagen selbst aus. Brandschutzschalter können von allen verfügbaren Schutzmechanismen, wie Leitungsschutzschaltern oder Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen, die Entstehung von Lichtbögen am besten detektieren und auch am schnellsten darauf reagieren. Auch wenn es momentan in Deutschland keine gesetzliche Pflicht gibt die Norm DIN VDE 0100-420 einzuhalten, sollten gerade die in der Norm aufgeführten gefährdeten Bereiche mit dieser technischen Lösung ausgestattet werden, da sie den besten Schutz garantiert.
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