Neue Herausforderungen durch das DGUV Barometer Arbeitswelt 2025
Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gewinnen zunehmend an Bedeutung – nicht nur aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen, sondern auch als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Die Ergebnisse des aktuellen DGUV Barometers Arbeitswelt 2025 liefern ein deutliches Bild: Zwar sinken die Unfallzahlen weiter, aber psychische Belastungen, Zeitdruck und Fachkräftemangel nehmen zu. In vielen Betrieben herrscht ein angespanntes Klima – das Risiko für Fehler, Unfälle und Gesundheitsprobleme steigt, was letztlich die Produktivität und damit den Umsatz ernsthaft gefährden kann.
Besonders alarmierend: Nur 61 % der Führungskräfte gaben an, dass in ihrem Unternehmen die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird. Und das, obwohl diese ein zentrales Instrument im Arbeitsschutz ist.
Hier setzt unser Artikel an: Wir zeigen, warum gerade in Zeiten zunehmender Belastungen und komplexer Arbeitsbedingungen die Gefährdungsbeurteilung entscheidender ist denn je – und wie Unternehmen diese sinnvoll einsetzen können, um sich und ihre Mitarbeitenden zu schützen.
Was ist eine Gefährdungsbeurteilung?
Die Gefährdungsbeurteilung (GBU) ist das Herzstück des modernen Arbeitsschutzes. Sie beschreibt den systematischen Prozess zur Ermittlung und Bewertung aller relevanten Gefährdungen, denen Beschäftigte bei der Arbeit ausgesetzt sein können – inklusive der Ableitung, Umsetzung und Kontrolle geeigneter Schutzmaßnahmen.
Ziel ist es, Gefahren frühzeitig zu erkennen und präventiv gegenzusteuern – also noch bevor Unfälle passieren oder Krankheiten entstehen. Dabei wird nicht nur die physische, sondern auch die psychische Belastung erfasst – ein Aspekt, der durch die zunehmende Digitalisierung, Arbeitsverdichtung und Homeoffice-Nutzung an Bedeutung gewinnt.
Die Gefährdungsbeurteilung umfasst:
- alle Arbeitsbereiche, Tätigkeiten, Prozesse und Arbeitsmittel eines Unternehmens
- alle Arbeitnehmergruppen – inkl. besonders schutzbedürftiger Personen
- alle Gefährdungsarten, von Maschinen über Gefahrstoffe bis hin zu Stress
Die Devise lautet: Vom Allgemeinen zum Konkreten. Und das kontinuierlich – denn jede Veränderung im Betrieb (neue Technik, neue Prozesse, neue Mitarbeitende) kann neue Risiken mit sich bringen.
Die rechtlichen Grundlagen der Gefährdungsbeurteilung
Die Pflicht zur Durchführung ergibt sich unmittelbar aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG):
- § 3 ArbSchG verpflichtet Arbeitgeber zur Durchführung und Anpassung von Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit.
- § 5 ArbSchG konkretisiert: Durch eine Beurteilung der Gefährdungen muss festgestellt werden, welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind.
Weitere zentrale Rechtsquellen:
- DGUV Vorschrift 1 (Grundsätze der Prävention): Diese Vorschrift verpflichtet Arbeitgeber dazu, alle Gefährdungen systematisch zu beurteilen – auch solche, die durch Fremdfirmen entstehen – und daraus präventive Maßnahmen zum Schutz aller Versicherten abzuleiten.
- Betriebssicherheitsverordnung (§ 3 BetrSichV): Sie schreibt vor, dass Arbeitsmittel nur verwendet werden dürfen, wenn deren sichere Verwendung im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nachgewiesen wurde.
- Gefahrstoffverordnung (§ 6 GefStoffV): Diese Regelung verlangt die spezielle Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen durch Gefahrstoffe, um gezielte Schutzmaßnahmen für Beschäftigte festzulegen.
- Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung: Sie verpflichtet Arbeitgeber dazu, Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen zu beurteilen, Grenzwerte einzuhalten und ggf. technische oder organisatorische Maßnahmen zu ergreifen.
- Bildschirmarbeitsverordnung (als Bestandteil der Verordnung über Arbeitsstätten): Sie stellt sicher, dass Gefährdungen an Bildschirmarbeitsplätzen – etwa durch falsche Ergonomie oder unzureichende Beleuchtung – beurteilt und geeignete Maßnahmen zum Schutz von Augen und Haltung getroffen werden.
- Mutterschutzgesetz (§ 10 MuSchG): Dieses Gesetz fordert eine individuelle Gefährdungsbeurteilung jeder Tätigkeit im Hinblick auf besondere Risiken für Schwangere und Stillende – unabhängig davon, ob aktuell eine schwangere Beschäftigte tätig ist oder nicht.
Hinzu kommen technische Regeln (z. B. TRBS 1111, TRGS 400 ff.), die praxisnahe Vorgaben zur Umsetzung liefern. Auch das duale System aus staatlichem und berufsgenossenschaftlichem Arbeitsschutz baut auf die Gefährdungsbeurteilung auf.
Kein Unternehmen – egal welcher Größe – ist von der Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung ausgenommen. Seit 2013 gilt dies ab dem ersten Mitarbeitenden.
Im Jahre 2016 erfolgte eine Novellierung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), die den Thema eine neue Tiefe gegeben hat und insbesondere die Bedeutung der GBU bereits bei der Planung von Arbeitsstätten betont. Arbeitgeber verpflichtet, physische und psychische Belastungen systematisch zu analysieren und passende Maßnahmen abzuleiten. Dabei wurde der Fokus erweitert von Maschinen und Gefahrstoffen auf ergonomische Mängel, Zeitdruck oder fehlende Pausenräume, die gesundheitsrelevant sein können und somit Teil der Gefährdungsbeurteilung sein müssen. Auch eine dynamische Komponente wurde unterstrichen: jede Veränderung des Betriebs, seien es Prozesse oder Technik, zieht eine notwendige Anpassung der Gefährdungsbeurteilung nach sich; auf eine feste Frist wurde verzichtet, jedoch die Regelmäßigkeit der Prüfungen empfohlen.
Bei Anschaffungen dürfen Gefährdungsbeurteilungen der Hersteller zwar übernommen werden, wenn diese mitgeliefert werden, aber nur, wenn diese tatsächlich zur eigenen Arbeitsumgebung passen. Letztlich entscheidend ist die konkrete Anwendung im Betrieb.
Letztlich geht es darum, verantwortungsvoll zu handeln und somit nicht nur gesetzlichen Pflichten zu entsprechend, sondern auch Arbeitsbedingungen zu verbessern und somit Risiken zu vermeiden, letztlich die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Bestandteile, Irrtümer und Erfolgsfaktoren einer Gefährdungsbeurteilung
Die 7 Schritte einer erfolgreichen Gefährdungsbeurteilung:
- Arbeitsbereiche definieren: Zuerst wird das Unternehmen in überschaubare Arbeitsbereiche und Tätigkeiten gegliedert, um eine systematische und vollständige Erfassung aller relevanten Gefährdungen zu ermöglichen.
- Gefährdungen ermitteln: In jedem Arbeitsbereich werden alle potenziellen Gefährdungen – physisch, chemisch, biologisch, psychisch oder organisatorisch – identifiziert, einschließlich besonderer Situationen wie Wartung oder Notfälle.
- Risiken beurteilen: Die ermittelten Gefährdungen werden hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und der möglichen Schadensschwere bewertet, um den Handlungsbedarf transparent zu machen.
- Schutzmaßnahmen festlegen (nach STOP-Prinzip): Auf Basis der Risikobewertung werden geeignete Maßnahmen abgeleitet, wobei stets die Rangfolge Substitution – Technik – Organisation – Persönliche Schutzausrüstung (STOP) zu beachten ist.
- Maßnahmen umsetzen: Die beschlossenen Schutzmaßnahmen werden konkret im Betrieb umgesetzt – mit klaren Zuständigkeiten, Fristen und einer praxisnahen Kommunikation an die Mitarbeitenden.
- Wirksamkeit prüfen: Nach Einführung der Maßnahmen wird kontrolliert, ob diese tatsächlich den angestrebten Schutz bewirken oder ggf. angepasst werden müssen.
- GBU regelmäßig fortschreiben: Die Gefährdungsbeurteilung ist ein kontinuierlicher Prozess und muss bei Veränderungen im Betrieb, neuen Erkenntnissen oder nach Unfällen überprüft und aktualisiert werden.
Das Ganze erfolgt im Rahmen eines kontinuierlichen PDCA-Zyklus: Plan – Do – Check – Act.
Die 10 größten Irrtümer zur Gefährdungsbeurteilung
Viele Unternehmen unterschätzen das Potenzial – oder halten sich mit falschen Annahmen zurück. Zu den häufigsten Missverständnissen gehören:
- „Das gilt nur für unsere Firma selbst.“ – Nein. Auch Fremdfirmen sind einzubeziehen.
- „Einmal gemacht, ist erledigt.“ – Falsch. GBU muss regelmäßig aktualisiert werden.
- „Ich hake einfach eine Checkliste ab.“ – Nein. Der Prozess erfordert individuelle Bewertung.
- „Das ist Aufgabe der Sifa.“ – Nein. Nicht nur die genannten Sicherheitsfachkräfte (Sifa), sondern auch Führungskräfte und überhaupt alle Mitarbeitenden müssen einbezogen werden.
- „Wir zeigen den Idealzustand.“ – Falsch. Es geht um den Ist-Zustand des Unternehmensalltags – dort, wo Unfälle vermutlich passieren werden..
- „Ich kontrolliere einfach alle Maschinen.“ – Nein. Es geht um Tätigkeiten, nicht um Technik allein.
- „Nur Mängel zählen.“ – Nein. Auch latente oder psychische Gefährdungen müssen berücksichtigt werden.
- „Ein sicherer Arbeitsplatz ist kindersicher.“ – Nein, aber das Denken hilft.
- „Menschen machen keine Fehler.“ – Doch. Und menschliches Fehlverhalten ist Teil jeder realistischen GBU.
- „Routine schützt.“ – Leider nicht. Gerade Routine kann Fehlerquellen verbergen.
Typische Gefährdungen (Beispiele):
- Mechanisch: Stolper- oder Sturzgefahren, bewegte Maschinenteile, die zu Produktionsstopp und -ausfall führen
- Chemisch: Gefahrstoffe, Dämpfe, insbesondere daraus resultierende Explosionsgefahr
- Elektrisch: Stromschlag, Lichtbogen, Kurzschlüsse, Stromausfälle
- Psychisch: Stress, Überforderung, Isolation
- Organisatorisch: unklare Zuständigkeiten, fehlende Einweisung
Warum die Gefährdungsbeurteilung aktueller ist denn je – Trends 2025
Das DGUV Barometer 2025 benennt zahlreiche Trends, die die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung unterstreichen:
- Zeitdruck ist laut 51 % der Befragten gestiegen.
- Gereiztheit am Arbeitsplatz wird von 43 % beobachtet.
- Weniger Fehlerkultur: Nur noch 29 % der Belegschaften sprechen offen über Fehler.
- Unterweisungsmängel: Jeder fünfte Mitarbeitende wird nicht regelmäßig geschult.
- Psychische Belastungen steigen weiter – laut 62 % der Befragten.
Der demografische Wandel, der hohe Krankenstand in Pflege und Erziehung, sowie zunehmende Bürokratie und Digitalisierung fordern Unternehmen stark heraus. Gerade in diesen Kontexten wird die Gefährdungsbeurteilung zur strategischen Präventionsmaßnahme: Sie hilft, Risiken zu erkennen, bevor sie zum Problem werden und verhindert so Produktionsausfälle.
Gefährdungsbeurteilung als Leistungsangebot von DPS – Das Prüfunternehmen
Bei DPS – Das Prüfunternehmen bieten wir Gefährdungsbeurteilungen als standardisierte, praxisgerechte Dienstleistung an. Wir unterstützen Unternehmen mit unserem Know-how, mit Vorlagen, Checklisten und erfahrenen Fachkräften – und schaffen so Rechtssicherheit und Prävention aus einer Hand.
Unser Angebot im Überblick:
- Systematische Ermittlung und Bewertung aller Gefährdungen
- Berücksichtigung physischer und psychischer Belastungen
- Ableitung, Umsetzung und Kontrolle von Schutzmaßnahmen
- Branchenspezifische Vorlagen und Handlungshilfen
- Dokumentation gemäß ArbSchG, BetrSichV, TRBS etc.
- Integration in vorhandene Sicherheitsmanagementsysteme (z. B. ISO 45001)
- Beratung zur Einbindung in Audits und Zertifizierungsprozesse
Ihre Vorteile:
✅ Mehr Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
✅ Vermeidung von Haftungsrisiken und Bußgeldern, die zusätzliche Kosten zu Produktionsausfällen darstellen
✅ Proaktive statt reaktive Maßnahmen: Schäden entstehen erst gar nicht
✅ Transparente Abläufe und unternehmensinterne Akzeptanz der Schutzmaßnahmen
✅ Nachhaltige Verbesserung der Arbeitsorganisation, da das Vertrauen gestiegen ist
Mit uns erkennen Sie Gefahren, bevor sie zur Gefahr werden.
Fazit: Jetzt handeln – präventiv, rechtskonform und zukunftsorientiert
Die Arbeitswelt verändert sich – schnell, tiefgreifend und mit neuen Risiken. Stress, Personalmangel, digitale Umbrüche und psychische Belastungen stellen die Arbeitssicherheit vor neue Herausforderungen.
Die Gefährdungsbeurteilung ist kein Bürokratiemonster, sondern ein mächtiges Werkzeug, um diesen Herausforderungen aktiv zu begegnen. Sie schafft Orientierung, Klarheit, Sicherheit und Effizienz.
Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheit ist es wichtiger denn je, proaktiv statt reaktiv zu handeln. Unternehmen, die Gefährdungsbeurteilungen ernst nehmen, stärken nicht nur die Gesundheit ihrer Belegschaft, sondern auch ihre Rechtsposition, Produktivität und Attraktivität als Arbeitgeber.
DPS – Das Prüfunternehmen steht Ihnen dabei zur Seite. Gemeinsam entwickeln wir Sicherheitslösungen mit System – für eine Arbeitswelt, die auch morgen noch sicher ist.