Elektrische Gefährdungen durch Hochvolt Antriebssysteme bzw. Hochvoltbatterien in Elektro- und Hybrid Autos

Im Zuge der Europawahl stand das Thema Klimaschutz verdientermaßen sehr prominent im Vordergrund. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Verkehrswende ein großes Thema, speziell das Thema Elektromobilität. In diesem Blogbeitrag soll es darum gehen auf welche potentiellen Gefahren man bei der verwendeten Hochvolt Technik moderner Elektrofahrzeuge achten muss und welche Personenkreise und Branchen von dieser zukünftigen Entwicklung betroffen sein werden.

 

Gefahrenquellen bei Hochvolt Technik in Antriebssystemen von Elektrofahrzeugen und betroffene Personen und Branchen

Fahrzeuge mit Hochvolttechnik sind meist Elektrofahrzeuge oder Hybridautos, die Antrieb und Nebenaggregate mit Wechselstrom > 30 V und ≤ 1000 V oder Gleichstrom > 60 V und ≤ 1500 V betreiben. Dies hat Konsequenzen für eine Reihe von Branchen und Personenkreise, die mit derartiger Hochvolttechnik bisher nicht in diesem Maße in Berührung kamen. Dazu zählen Autowerkstätten, Ersthelfer und Rettungskräfte bei Verkehrsunfällen, Serviceeinrichtungen, wie Autowaschanlagen, Abschlepp- und Entsorgungsdienste, Notärzte, Sanitäter und Polizeikräfte. Nicht zu vergessen auch Menschen mit Herzschrittmachern. In Elektrofahrzeugen gibt es ein Hochvoltbordnetz im Gegensatz zum 12-V-Netz einer herkömmlichen Autobatterie. Die Stromstärken in Elektrofahrzeugen erreichen bis zu 500 A. Dabei kommen enorme elektrische Leistungen zustande. Hinzu kommen hohe Stromspitzen beim Anfahren und Bremsen und durch die schnellen Schaltvorgänge werden breitbandige Störspektren generiert, die zu einer Störaussendung über einen weiten Frequenzbereich führen. Es treten außerdem beim Laden und nahe am Antriebsstrang hohe magnetische Feldstärken auf.

Auch die erforderlichen Hochvoltbatterien, in der Regel Lithium-Ionen-Akkus, arbeiten mit wesentlich höheren Spannungen und sind mit einem wesentlich größeren Energiepotential ausgestattet, als herkömmliche Autobatterien. Dadurch sind besondere Anforderungen an den inner- und außerbetrieblichen Transport und die Lagerung geknüpft. In diesem Blogartikel haben wir bereits ausführlich über Lithium-Ionen-Akkus berichtet. Sie erfahren dort mehr über ihren Aufbau und potentielle Gefährdungen.

 

Pannen- und Unfallhilfe bei Elektrofahrzeugen mit Hochvolt Technik

Woran erkennt man eigentlich Hybrid- oder Elektrofahrzeuge? Hier gibt es im wesentlichen drei gängige Merkmale:

  • Schriftzug am Armaturenbrett oder am Fahrzeug
  • Orangefarbene Hochvoltkabel
  • Kennzeichnung auf den Hochvoltkomponenten

Elektrofahrzeuge mit Hochvoltsystemen sind eigensicher. Eigensicherheit bedeutet, dass für den Benutzer durch geeignete technische Maßnahmen ein vollständiger Berühr- und Lichtbogenschutz gegenüber dem elektrischen Hochvolt-System gewährleistet ist. Fahrer/-innen können auch im Fall einer Panne davon ausgehen, keiner elektrischen Gefährdung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch weitgehend für die Pannenhilfe, solange zur Störungsbeseitigung keine Eingriffe in die Hochvoltsysteme notwendig werden und das Fahrzeug nicht durch einen Unfall beschädigt oder aus Schnee oder Wasser geborgen werden muss.

Für die Bereiche Pannenhilfe und Abschleppen, sind die Anforderungen einigermaßen überschaubar. Gefährlicher und damit anspruchsvoller, was die Sicherheitsvorkehrungen betrifft, sind Unfälle und Bergungsarbeiten.

 

Pannenhilfe / Abschleppen

Pannenhelfer müssen eine Unterweisung in den Aufbau und die Funktionsweise von Elektro- oder Hybridfahrzeugen mit Hochvoltsystemen erhalten. Hierbei gelten die Bedingungen für nicht elektrotechnische Arbeiten der DGUV Information 200-005. Generell gilt:

  • Hände weg von Hochvoltkomponenten und orangefarbenen Leitungen!
  • Zündschlüssel abziehen und danach den Trennstecker/Disconnector der Hochvoltbatterie ziehen.
  • Sichtprüfung, ob Hochvoltkomponenten beschädigt sind
  • Arbeiten an den Hochvoltkomponenten dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen qualifiziert sind
  • Auch nach dem Ausschalten des Hochvoltsystems kann eine Restspannung vorhanden sein – je nach Hersteller noch mehrere Minuten. Hier muss unbedingt die Kennzeichnung beachtet werden.

Im Fall des Abschleppens gilt: Die Verladung eines unbeschädigten Fahrzeuges auf ein Bergungsfahrzeug (Plateaufahrzeug) ist unbedenklich. Beim Abschleppen mit Seil oder Stange sind die Herstellervorgaben zu beachten.

 

Unfälle und Bergungsarbeiten

Bei einem Unfall wird das Hochvoltsystem in aller Regel mit Auslösen des Airbags abgeschaltet. Dies gilt jedoch nicht für Nutzfahrzeuge! Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Hochvolt Akkus durch einen Unfall beschädigt wurden Es besteht Lebensgefahr, wenn Hochvoltbatterien oder Hochvoltkondensatoren (bei Nutzfahrzeugen) durch Gewalteinwirkung beschädigt oder herausgerissen wurden. Hier sollten Einsatzkräfte der Feuerwehr oder des Technischen Hilfswerks zur Hilfe gerufen werden. Beschädigte Hochvoltbatterien dürfen nur mit entsprechender persönlicher Schutzausrüstung (PSA) (Gesichtsschutz, Schutzhandschuhe für das Arbeiten unter Spannung) gehandhabt werden.

Ausgelaufene Flüssigkeiten können, je nach Batterietyp, reizend oder ätzend sein. Daher sollte jeder Kontakt vermieden werden. Nach einem Unfall ist nicht ausgeschlossen, dass die Hochvoltbatterien auch später noch durch interne Reaktionen in Brand geraten. Deshalb sollten Unfallfahrzeuge nicht in geschlossenen Räumen abgestellt werden.

 

Rettungs- und Löscharbeiten bei Elektrofahrzeugen mit Hochvolt Technik

Elektro- bzw. Hybridfahrzeuge können auch noch Stunden nach einem Unfall durch interne Reaktionen in Brand geraten. Abschleppdienste und die Polizei sollten auf diese Gefahr hingewiesen werden. Beschädigte Hochvoltbatterien bzw. Teile davon gelten als Gefahrgut und dürfen daher nur von Fachkundigen verladen, auf offenen Fahrzeugen transportiert und im Freien gelagert werden. 

Bei akuten Bränden sind folgende Dinge zu beachten:

  • Das Fahrzeug kann sich geräuschlos in Bewegung setzen, daher müssen Sie ein Wegrollen verhindern.
  • Die Hochvolt-Anlage außer Betrieb nehmen (wenn möglich) und gegen Wiedereinschalten sichern. Die Betriebsbereitschaft kann ggf. nicht an den Betriebsgeräuschen erkannt werden, da die Maschine im Stillstand geräuschlos ist. Bei einer Airbagauslösung erfolgt in der Regel die Abschaltung der Hochvolt-Anlage automatisch. Zusätzlich wird empfohlen, die Anlage gemäß den Rettungsdatenblättern außer Betrieb zu nehmen. Nach derzeitigem Kenntnisstand stellen Restspannungen im System keine konkrete Gefahr bei den weiteren Einsatzmaßnahmen dar.
  • Weitere Maßnahmen:
    • Orangefarbene Hochvoltkabel nicht durchtrennen und keine Manipulationen vornehmen.
    • Freigelegte Hochvolt-Batterien oder Teile davon können zu Spannung führen, die Batterieflüssigkeit kann ätzend bzw. entzündlich sein, daher nicht ungeschützt berühren und keine Manipulationen vornehmen.
  • Achtung, es treten Spannungen bis 1000 V auf! Strahlrohrabstände einhalten (z.B. Wasser: Sprühstrahl – 1 m, Vollstrahl – 5 m)
  • Hochvolt-Batterie mit viel Wasser löschen und auch nach dem Löschen noch ausreichend kühlen (Rückzündungsgefahr)
  • Es ist nicht ausgeschlossen, dass Hochvolt-Batterien, die nicht unmittelbar vom Brand betroffen waren, auch später noch durch interne Reaktionen in Brand geraten.

 

Qualifizierung der Fachkräfte für Hochvolt Technik

Für elektrotechnische Arbeiten an Hochvolt-Systemen ist es notwendig, den Mitarbeitern die theoretischen elektrotechnischen Grundlagen zu vermitteln und sie mit den praktischen Fertigkeiten im Umgang mit den jeweiligen Hochvolt-Komponenten, Werkzeugen und Hilfsmitteln vertraut zu machen.

Die Qualifizierung (d.h. die Inhalte und der zeitlicher Umfang) ist gefährdungsorientiert in Abhängigkeit von den durchzuführenden Arbeiten in drei Abstufungen festgelegt. Die aufgeführten Qualifizierungsinhalte sind beispielhaft und müssen auf die konkreten Anforderungen der Tätigkeiten angepasst werden. Die Qualifizierung ist mit einem Nachweis der erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse durch eine theoretische und praktische Prüfung abzuschließen. Der Leistungsnachweis ist auch zu dokumentieren.

Eine ausführliche Beschreibung der Ausbildungsinhalte und erforderlichen Zertifizierungen finden Sie in den DGUV Informationen 200-005 – Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen.

Fazit

Die erste und oberste Pflicht zur Unfallverhütung im Betrieb liegt immer beim Unternehmer. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur von einer Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft den elektrotechnischen Regeln entsprechend errichtet, geändert und instand gehalten werden.

Zu den Unternehmerpflichten zählen beispielsweise:

  • Gefährdungsbeurteilung erstellen und Schutzmaßnahmen festlegen
  • Sicherstellen, dass nur ausreichend qualifizierte Mitarbeiter Arbeiten an Hochvolt-Systemen von Elektrofahrzeugen durchführen
  • Erstellen von Arbeitsanweisungen beim Umgang mit Hochvolt-Systemen

Wir, die Deutsche Prüfservice GmbH, betreuen sehr erfolgreich über 1.200 Kunden in Fragen der elektrischen Betriebssicherheit. Wegen immer wiederkehrender Änderungen des regulatorischen Rahmens oder eben der Verbreitung neuer Technologien, bedarf es regelmäßiger Analysen der Sicherheitsmodelle und Prozesse. Bei dieser Herausforderung unterstützen wir unsere Kunden dabei, sich langfristig erfolgreich und sicher zu positionieren. Wir optimieren Ihre Zukunft. Wirtschaftlich. Technisch. Juristisch. Gemeinsam effizienter!

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Weitere Informationen, um Elektrische Anlagen und Geräte rechtssicher, effizient und mit Mehrwert nach DGUV 3 zu prüfen finden Sie außerdem in unserem Wiki zur DGUV Vorschrift 3