Arbeitsschutz als permanente Aufgabe für alle Beteiligten. 

In diesem Beitrag soll es darum gehen, wie die sich zyklisch wiederholenden Wirksamkeitsprüfungen nach DGUV 3+4 für elektrische Geräte und Anlagen in die Prozessschritte, die für einen ganzheitlichen und nachhaltigen Arbeitsschutz unabdingbar sind, eingebettet sein sollten. Dazu zählt die Gefährdungsbeurteilung, aber auch eine umfassende Dokumentation. Die Dokumentation kann sich dabei nicht darauf beschränken nur ein Prüfprotokoll nach DGUV Vorschrift 3 bereit zu stellen.

 

Die Dokumentation

Die Dokumentation nach § 6 Arbeitsschutzgesetz gibt Aufschluss über das Monitoring aller Sicherheitsmaßnahmen eines Unternehmens. Eingeschlossen ist hier auch die Dokumentation aller Maßnahmen, die direkt aufgrund gesetzlicher Vorgaben implementiert werden müssen, wie z.B. die Unterweisungspflichten des Arbeitgebers nach § 12 ArbSchG. Selbstverständlich muss die Gefährdungsbeurteilung dokumentiert werden, aber ebenso auch die auf dieser Grundlage in Kraft gesetzten Maßnahmen sowie die Ergebnisse der Wirksamkeitskontrollen. Im Fall der elektrischen Betriebssicherheit also die Prüfprotokolle der durchgeführten Prüfungen nach DGUV Vorschrift 3 und 4.

 

Form und Medium sind freigestellt

Die Form und das Medium der Dokumentation sind dabei freigestellt, der Gesetzgeber macht hier keine detaillierten Vorgaben. Wie und in welchem Umfang die Prüfung dokumentiert wird, bleibt dem Verantwortlichen überlassen, der die Prüfung beauftragt bzw. durchführt. Normen und Vorschriften bleiben diesbezüglich vage. Sie enthalten lediglich Formulierungen wie: „Die Prüfung ist in geeigneter Weise zu dokumentieren.“ Es ist nicht im Detail vorgeschrieben, welche Formulare oder Papierformate verwendet werden müssen.
EDV gestützte Verfahren sind also ebenfalls zulässig. Auch wenn es in den meisten Fällen nicht explizit vorgeschrieben ist, wird nachdrücklich empfohlen, Messwerte aufzuzeichnen und in Form eines Protokolls schriftlich festzuhalten. Denn entscheidend ist: Bei Bedarf sollte jederzeit nachzuweisen sein, wann welches Betriebsmittel von wem auf welche Weise geprüft wurde. Die wirtschaftlichen Folgen einer unzureichenden Dokumentation können unangenehm sein, wie im nächsten Abschnitt noch näher erläutert wird.

 

Die folgenden Punkte sollte eine Dokumentation immer enthalten1:

  • Kopfdaten (Angaben zur Tätigkeit, Organisationseinheit, an der Beurteilung beteiligte Personen)
  • Die Gefährdungen mit kurzer Begründung, worauf diese Einschätzung beruht (z.B. Grenzwertüberschreitung, Abweichung von Beschaffenheitsanforderungen usw.)
  • Die Höhe der Gefährdung (z.B. “Hoch”, “Mittel”, “Niedrig” orientiert an den zu erwartenden Schäden)
  • Bei nicht vorhandenen, aber theoretisch möglichen Gefährdungen, eine kurze Begründung warum die Gefahrenquelle nicht aktiv wird. (z.B. weil bereits wirksame Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, Grenzwerte deutlich unterschritten sind etc.)
  • Die Sonderanforderungen an die Dokumentation nach den jeweils geltenden Fachverordnungen (z.B. Betriebssicherheitsverordnung) oder spezifizierenden technischen Regeln (z.B. TBRS 1201)
  • Die Maßnahmen zur ersten Wirkungsprüfung
  • Die Maßnahmen zur wiederholten Wirkungsprüfung mit Zeiträumen (z.B. jährlich, zweijährig)
  • Das Ergebnis der 1. Wirkungsprüfung

Insgesamt kann man die Dokumentation auch als einen Arbeitsplan betrachten, der eine stabile Gefährdungsvermeidung über die Zeit hinweg garantiert und als Referenz Verwendung finden kann. Zu beachten ist auch, dass die Gefährdungsbeurteilung selbst auch im Maßnahmenplan enthalten sein muss,  da auch sie immer wieder auf den Prüfstand muss, um ihre Aktualität zu gewährleisten.

 

Die wirtschaftliche Relevanz der Dokumentation der Wirkungsprüfung

Dieser Aspekt des Dokumentierens ist auch im Fall von Elektroprüfungen keinesfalls zu unterschätzen.
Hinter der Forderung des Dokumentierens steckt mehr als ein bürokratischer Akt. Es geht nicht um einen lästigen „Papierkram“, ein Prüfprotokoll hat juristische Relevanz. Ein Prüfprotokoll vorweisen zu können oder nicht vorweisen zu können, kann ein Unternehmen, wenn ein Schadensfall eintritt, viel Geld kosten.
Ein rechtskonform erstelltes Prüfprotokoll gilt vor Gericht als Nachweis für den Betreiber elektrischer Anlagen,
dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Bei Elektro-Unfällen mit Personenschäden oder Bränden mit hohen Sachschäden, wird ein Prüfprotokoll zur wichtigsten Beweisurkunde.
Das Fehlen eines Prüfprotokolls kann folgende Konsequenzen haben:
Wurde ein Unfall oder Brand durch ein nicht geprüftes Elektrogerät verursacht oder kann die Prüfung nicht belegt oder nachvollzogen werden, besteht die Gefahr, dass die Berufsgenossenschaft ihre Haftung ausschließt, ein Brandversicherer nicht zahlt und Schadensersatzforderungen auf das Unternehmen zukommen. Jede Elektrofachkraft ist daher gut beraten, das Erstellen eines Prüfprotokolls nicht als stupide Formalität anzusehen.

 

Transfer: Makro-, Meso- und Mikroebene verbinden

Es ist unbedingt ein Szenario auszuschließen bei dem es in einem Unternehmen elaborierte Gefährdungsbeurteilungen gibt, aber sich in der betrieblichen Wirklichkeit doch wieder nach und nach Gefährdungen und sicherheitstechnische Nachlässigkeiten einschleichen. Die Makroebene bezeichnet hierbei den, oftmals sehr komplexen, betrieblichen Prozess der Gefährdungsbeurteilung, wobei in Zusammenarbeit mit allen Abteilungen und den internen und externen Arbeitssicherheitsexperten, die einzelnen Tätigkeiten der gesamten Prozesslandschaft des Unternehmens auf mögliche Gefährdungspotentiale hin überprüft wird.

Das Ergebnis ist eine durchaus detaillierte Aufstellung über Gefährdungsfaktoren, Tätigkeiten und Maßnahmen inklusive einer Strategie, wie die Wirksamkeit dieser Maßnahmen überprüft werden kann.
Diese sogenannte Mesoebene muss deshalb gut dokumentiert sein, damit auf der Mikroebene, in der alltäglichen Routine aller Mitarbeiter, weitgehend selbstständige Gefährdungs-Korrekturen im “laufenden Betrieb” auch umgesetzt werden können. Nur Mitarbeiter die über ein detailliertes Sicherheitskonzept auch hinreichend informiert sind, können den letzten und wichtigsten Schritt auch wirklich erfolgreich umsetzen.

 

“gelebte Sicherheit” – Ohne aufgeklärte und aufmerksame Mitarbeiter ist alles nichtig

Es handelt sich um die tatsächlich “gelebte Sicherheit”. Die Aufklärungspflichten sind daher auch unabhängig von jeglicher betrieblicher Gefährdungsbeurteilung im Arbeitsschutzgesetz festgeschrieben und ihre Durchführung muss dokumentiert werden. Die “gelebte Sicherheit” auf der Mikroebene ist zwar nicht dokumentationspflichtig, jedoch ist es umso wichtiger, die Mitarbeiter im Rahmen der alltäglichen Arbeitsgewohnheiten und Routinen zu motivieren, die Betriebssicherheit zu einer “zweiten Haut” werden zu lassen. Oberstes Ziel sollte immer eine “betriebsdurchdringende” Sicherheitskultur sein.

Um dieses Zíel zu erreichen, sind vor allem zwei betriebliche Prozesse entscheidend: Die Unterweisung aller Mitarbeiter und die Betriebsanweisungen. Der wichtigste Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass Unterweisungen und Betriebsanweisungen gleichermaßen auch tatsächlich die Erkenntnisse aus der Gefährdungsbeurteilung und den daraus abgeleiteten Maßnahmenkatalog reflektieren. Betriebsanweisungen die zu allgemein gehalten sind oder größtenteils Standardformulierungen enthalten, gehen am Ziel vorbei. Sehr wichtig ist außerdem, wie auch schon in unserem Beitrag zur Gefährdungsbeurteilung hervorgehoben wurde, dass auch alle Unterweisungen nach den verschiedenen Tätigkeiten differenziert werden müssen, die mit dem in Frage stehenden Betriebsmittel durchgeführt werden. Beispielsweise kann der alltägliche Umgang mit einer Maschine im Produktionsprozess Gefahren beinhalten, die sich von Wartungsarbeiten an der selben Maschine stark unterscheiden. Gegebenenfalls müssen also für dieselbe Maschine mehrere Betriebsanweisungen erarbeitet werden.

 

Die Mitarbeiter werden zu Sicherheitsbeauftragten

Ein Engagement in Unterweisungen und Betriebsanweisungen von hoher Qualität zahlt sich aber auch noch auf eine andere Art und Weise aus. Im Grunde sind Gefährdungsbeurteilungen, die in regelmäßigen aber dennoch vergleichsweise großen Abständen von Experten durchgeführt werden, nur eine Seite der Medaille. Letztlich sind die Mitarbeiter, die Tag für Tag mit den Betriebsmitteln umgehen, von denen Gefährdungen ausgehen können, die Augen und Ohren der Experten. Falls es praktische Probleme mit den konzipierten Sicherheitsmaßnahmen gibt oder aufgrund schrittweise veränderter oder saisonal besonderer Arbeitsbedingungen neue Sicherheits- maßnahmen notwendig werden, sind aufmerksame Mitarbeiter oft die Ersten, die neue Probleme erkennen oder Unzulänglichkeiten der festgelegten Maßnahmen aufdecken können.
Je besser nun die Mitarbeiter über das Thema Arbeitsschutz aufgeklärt werden und neben ihrer eigentlichen Tätigkeit auch für das Thema Sicherheit sensibilisiert werden, umso besser können sie dieser wichtigen Funktion nachkommen. Der Sicherheitsbeauftragte verfügt so über “geschärfte” Augen und Ohren, die seinen Blickwinkel erweitern können und entscheidend dabei helfen die dokumentierten Sicherheitsmaßnahmen auch in der betrieblichen Wirklichkeit zu verankern.

 

Die Welt verändert sich

Dass ein wirksamer Arbeitsschutz nur über eine stetige Wirkungskontrolle der implementierten Maßnahmen gewährleistet ist, ist eine Grundregel, die auch für die Gefährdungsbeurteilung gilt. Einerseits kann es sein, dass die Maßnahmen die im Rahmen einer ersten Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und auf ihre Wirkung hin geprüft wurden, nicht ausreichend greifen. Dies kann zustande kommen durch neue Grenzwerte, neue Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder zwischenzeitliche Änderungen von Arbeitsprozessen. So etwas kann durch Begehungen festgestellt oder, wie eben schon erwähnt, durch eine aufmerksame und sensibilisierte Belegschaft erkannt werden. In diesem Fall käme es zu einer anlassbezogenen Aktualisierung oder Wiederholung der Gefährdungsbeurteilung.

 

 

kleine Veränderungen können sich aufsummieren

Andererseits gibt es jedoch auch Gründe für eine regelhafte Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung. Normalerweise ergeben sich Probleme, die eine Revision der Beurteilung erfordern, nicht sofort. Dennoch: Eine Folge von kleinen Änderungen kann sich aufsummieren und zu einer Drift der Arbeitszusammenhänge führen. Nach fünf Jahren hat sich das Arbeitssystem unter Umständen aufgrund vieler kleiner Veränderungen deutlich geändert. Um dieser Drift sicherheitstechnisch gerecht zu werden, sind regelhafte Wiederholungen, Aktualisierungen oder Überprüfungen der Gefährdungsbeurteilung nach bestimmten Zeitabständen vorgesehen. Praktisch alle Arbeitsschutzvorschriften, sowohl die Schriften der Unfallversicherungsträger als auch die staatlichen Verordnungen und Technischen Regeln sehen solche Prüfzyklen für die Gefährdungsbeurteilung vor. Hierbei werden jedoch selten konkrete Zeiträume genannt. In der DGUV Vorschrift 2 werden Abstände von 1 – 5 Jahren für Kleinbetriebe, je nach Gefährdungsspektrum genannt. Auch hierbei gilt es immer die Rechtsstellung der Quelle zu berücksichtigen. Fristen, die in einer Verordnung oder technischen Regel genannt werden, sind gegenüber Regelungen der Unfallversicherungsträger zu bevorzugen.

 

Fazit

Arbeitsprozesse in heutiger Zeit sind sehr komplex geworden und sind verknüpft mit einer Vielzahl verschiedener Personen und Kontexte. In einer Zeit tiefgreifender technologischer Veränderungen, wie der Trend zur Industrie 4.0 klar verdeutlicht, müssen die Präventionsstrategien für einen nachhaltigen Arbeitsschutz mit diesen Veränderungen auch Schritt halten können. Wichtige Instrumente, wie die elektrischen Betriebsprüfungen nach DGUV 3+4, müssen deswegen klar im Kontext der Beurteilung und Dokumentation von Gefährdungen betrachtet und realisiert werden.

Wir haben daher neben unseren Prüfungsangeboten auch ein umfassendes Beratungsangebot für Sie entwickelt. Wir freuen uns darauf, Sie bei der Konzeption und Umsetzung eines zukunftssicheren Arbeitsschutzes zu unterstützen. Sprechen Sie uns an!

 

 

 

 
DPS – Das Prüfunternehmen — Deutsches Handwerk verknüpft mit modernem Management
Weitere Informationen, um Elektrische Anlagen und Geräte rechtssicher, effizient und mit Mehrwert nach DGUV 3 zu prüfen finden Sie außerdem in unserem Wiki zur DGUV Vorschrift 3
 

 

 


 

Nach Dr. Gerald Schneider – “Die Gefährdungsbeurteilung, Planung-Organisation-Umsetzung”